Pest gibt es immer noch

Thema des Monats Dezember 2017

Bei der Pest handelt es sich um eine Erkrankung durch das Bakterium Yersinia pestis, das durch Flöhe zwischen Nagern und anderen Kleinsäugern in Naturherden zirkuliert. Auch wenn die Zahl menschlicher Fälle deutlich zurückgegangen ist (2010 – 2015 noch 3.248 Fälle weltweit, 584 davon tödlich, früher Tausende pro Jahr), so infizieren sich doch immer wieder Personen, die beruflich (Landwirtschaft, Lagerarbeiter) oder touristisch (Campingurlaube) in Rattenbiotope eindringen und dort Flohstiche abbekommen. Dabei wird der Keim meist am Bein inokuliert und breitet sich über die Lymphbahnen in die Leiste aus. Dort kommt es nach 1-2 Tagen zu einer schweren Lymphknotenentzündung, die zur Eiterentleerung nach außen führen kann. Breitet sich die Krankheit von dort über Lymph- oder Blutwege weiter aus, so kommt es zu einer schweren, unbehandelt stets tödlichen Lungenentzündung mit häufig blutig gefärbtem Auswurf.

Während sonst nur der Floh infektiös ist und sich Kontaktpersonen mit dem aus der Leiste abfließenden Eiter nur selten infizieren, kann man sich vom Lungenpestkranken die Infektion über Tröpfchen sehr leicht holen, was das Epidemiepotential erklärt. Patienten müssen daher isoliert werden. Je früher die Krankheit erkannt wird (Mikroskopie, Schnelltests, PCR, Kultur), desto besser sind die Heilungschancen durch Antibiotikagabe (Aminoglykoside, Chinolone, Sulfonamide, Tetracycline).

Auf Madagaskar, einem bekannten Naturpestherd mit einer Pestsaison von ca. September bis April, kam es am 23.08.2017 zur Erkrankung eines 31-jährigen vom Hochplateau, die sich rasch auch in Städten (Antananarivo, Toamasina, Faratshio) ausbreitete. Ein Basketballtournier mit regionalen Nationalmannschaften scheint die Ausbreitung begünstigt zu haben. Ein Spieler von den Seychellen verstarb noch während des Turniers. Auf Madagaskar gehen nach Hilfseinsätzen von Ärzte ohne Grenzen und der WHO und rigorosen Bekämpfungsmaßnahmen die Fallzahlen wieder zurück. Andere Länder in der Gegend (Komoren, Mauritius, Südafrika) haben ähnliche Untersuchungen bei Personen begonnen, die aus Madagaskar einreisen.

Auf den Seychellen ist die Sorge vor dem Import der Krankheit besonders groß, die es dort noch nie gegeben hat. Bislang gab es dort noch keinen bestätigten Fall. Air Seychelles hat die Flugverbindung nach Madagaskar vorläufig eingestellt. Die Einreise von dort ist nur eigenen Staatsbürgern erlaubt. Kreuzfahrtschiffe, die in Madagaskar angelegt haben, dürfen 7 Tage lang die Seychellen nicht anlaufen. Die WHO bezweifelt den Sinn solcher Reiserestriktionen.

Touristisch Reisende sollten in beiden Ländern darauf achten, nicht mit Ratten und deren Biotopen in Kontakt zu kommen, was ja üblicherweise auch nicht der Fall ist. Auch Massenveranstaltungen und der Kontakt zu toten Tieren können gefährlich sein. Wer besondere Formen der Reise oder berufliche Aufenthalte plant, die Rattenkontakte zur Folge haben können (Camping, Lebensmittellager, biologische Beobachtungen, Höhlenaufenthalte oder anderweitige Tierkontakte), sollte sich detailliert beraten lassen und im Falle von Madagaskar eine Reise außerhalb der Haupt-Pestsaison in Betracht ziehen. Ohnehin sollte man die Beine mit Repellentien einreiben, die ja nicht nur Mücken, sondern auch Flöhe abwehren, auf nagersichere Müllentsorgung achten und bei Rattenbefall Insektizide (gegen die Flöhe) einsetzen – zunächst kein Rattengift! Wer Ratten umbringt, sorgt für viele heimatlose Flöhe. Private Besuche in Krankenhäusern sollten unterbleiben. Beruflicher Kontakt mit fieberhaft erkrankten, hustenden Patienten oder solchen mit eiternden Wunden, zumal in der Leiste, bedarf guter Schutzmaßnahmen (Handschuhe, Mundschutz, Schutzkleidung, ggf. prophylaktischer Antibiotikagabe).

Reiserückkehrer sollten bei infizierten Stichwunden an den Beinen oder auffälliger Lymphknotenreaktion in den Leisten, erst recht beim Auftreten von Fieber und/oder Husten, zum Tropen- oder Infektionsmediziner gehen und auf ihre Reise hinweisen.

(Dr. Burkhard Rieke DTM&H (Liv.), Internist, Tropenmedizin, Infektiologie Lehrbeauftragter der RWTH Aachen 25.10.2017)