Chronischer Schmerz

Thema des Monats Juni 2016

Mindestens 4 Millionen in Deutschland leiden nach vorsichtigen Schätzungen an chronischen Schmerzen. Chronischer Schmerz bedeutet, dass ein Patient länger als 6 Monate lang dauernd oder wiederkehrend unter Schmerzen leidet.

Aus biologischer Sicht ist Schmerz eine nützliche, weil lebenserhaltende Reaktion auf alle schädlichen Reize (von innen und von außen). Schmerz ist gleichsam ein Frühwarnsystem. Die subjektive Stärke eines Schmerzes wird durch viele äußere und innere Faktoren beeinflusst.

Akuter Schmerz, der meist nur wenige Stunden anhält, klingt meistens wieder ab, sobald die auslösende Ursache beseitigt ist (z.B. Zahnschmerzen, Prellung …). Attackenschmerzen kehren in unregelmäßigen Abständen wieder und zeigen häufig wiederkehrende Überlastungen des Organismus an (Migräne, Rückenschmerzen …). Chronischer Schmerz hat oft etwas mit einer chronischen Erkrankung zu tun (Rheumatische Erkrankungen, Krebs …). Es gibt ihn aber auch als eigene Erkrankung, wenn eine körperliche Ursache nicht oder nicht mehr vorhanden ist. Seine Entstehung und sein Verlauf hängen nicht nur von körperlichen, sondern auch von psychischen und sozialen Faktoren ab. Eine solche scheinbar grundlose Erkrankung belastet besonders, da das Umfeld des Patienten häufig unverständig reagiert und dem Patienten häufig Simulieren vorwirft.

Viele Fragen sind in diesem Zusammenhang noch offen. So weiß man immer noch nicht, warum der eine Patient mit Bandscheibenvorfall sehr starke Schmerzen hat und der andere kaum beeinträchtigt ist.

Mittlerweile konnte gezeigt werden, dass sich beim chronischen Schmerz manche Bereiche des Rückenmarks und der Hirnrinde neu organisieren. Schmerzforscher sprechen vom Schmerzgedächtnis und meinen damit, dass diese Zonen von akuten Reizen eingeprägt werden und auch dann bestehen bleiben, wenn die eigentliche Schmerzursache bereits beseitigt ist. Eine Schmerzbehandlung muss daher so früh wie möglich einsetzen, um zu verhindern, dass sich ein Schmerzgedächtnis ausbildet.

Je länger eine Schmerzerkrankung besteht, desto schwieriger ist die Therapie und desto langwieriger der Verlauf. Häufig ist ein multimodaler Ansatz erforderlich mit medikamentöser Therapie (kontinuierliche Therapie, also nicht nur dann, wenn man es gar nicht mehr aushält, durchaus auch unter Verwendung von Medikamenten wie Morphin, neuropathische Schmerzmittel, bestimmte Antidepressiva u.a.), Physiotherapie, Ergotherapie, psychologischer Intervention, Akupunktur, transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), Sympathicus-Blockade, regelmäßige Bewegung und sportliche Aktivität u.a.. Während früher strikte Ruhe und passive Maßnahmen empfohlen wurden, empfiehlt man heute möglichst schnell wieder in Bewegung zu kommen und den gewohnten Tätigkeiten nachzugehen.

Das Ziel der Behandlung von Schmerzen muss sein, einen chronischen Schmerz zu vermeiden. Ist es zum chronischen Schmerz gekommen, gelten alle Anstrengungen der Notwendigkeit, das Schmerzgedächtnis wieder zu löschen. Nur dann kann der Schmerz wieder verschwinden.

Die Forschungsanstrengungen zielen darauf ab, Chronifizierungsfaktoren noch besser zu beschreiben, Schmerzmediatoren (also Substanzen, die im Schmerzgeschehen bedeutsam sind) noch weiter zu isolieren, um noch spezifischere Medikamente zu entwickeln.

(Quelle: chronischer Schmerz, Broschüre des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, April 2001)