Borreliose

Thema des Monats Oktober 2009

1982 konnte der Erreger (eine Spirochäte) Borrelia burgdorferi als Ursache der Wanderröte (Erythema migrans) und anderer Manifestationsformen entdeckt werden und die Krankheit definiert werden.

In Deutschland ist die Borrelie gebietsabhängig in ca. 5 bis 35 % der Zecken nachweisbar.

Häufig kommen Menschen mit einem Zeckenstich in die Praxis. Die Übertragungswahrscheinlichkeit auf den Menschen innerhalb der ersten 24 Stunden Haftzeit der Zecken ist sehr gering. Ist die Zecke also noch ganz klein, hat sie noch kein Blut gesaugt, ist die Gefahr einer sich entwickelnden Borreliose auch sehr klein. Wichtig ist, dass man die Zecke rasch entfernt. Drehen oder vorheriges Aufträufeln von Öl ist nicht sinnvoll. Vielmehr sollte man die Zecke knapp oberhalb der Haut packen und langsam und kontinuierlich ziehen oder hebeln, ohne den Körper der Zecke zu quetschen.

Eine generelle vorbeugende Antibiotikagabe wird nicht empfohlen. Der Nachweis von Borrelien in der Zecke stellt auch keinen Grund für eine Antibiotikagabe dar.

Anfangs kommt es immer wieder an der Stelle, an der die Zecke war, zu einer Rötung. Dies hat nichts mit einer Borreliose zu tun, sondern ist eine normale Fremdkörperreaktion.

Nach ca. 7 – 10 Tagen kann die Wanderröte (Erythema migrans) im Bereich des Stiches auftreten. Sie kann in Form, Größe und Ausprägung variieren. Klassischerweise ist eine Rötung mit Randsaum und zentraler Abblassung festzustellen. Das Erythema migrans kann in 10 – 30 % der Fälle durch grippeähnliche Allgemeinsymptome begleitet sein. Solche Befunde sind beweisend für das Stadium I der Borreliose und erfordern zwingend eine Antibiotika-Therapie (Doxycyclin 200 für 3 Wochen, bei Kindern Amoxicillin).

Wenn man zu diesem Zeitpunkt einen Bluttest durchführt, muss dieser noch negativ sein, da sich der Antikörper-Titer erst nach ca. 6 Wochen ausbildet. Es macht auch keinen Sinn, den Titer nach erfolgter Therapie zu kontrollieren, da die Höhe des Titers nicht mit der Krankheit in Zusammenhang steht.

Einige Wochen bis 6 Monate nach Infektionsbeginn kann es bei unbehandeltem Stadium I (oder ganz selten nach behandeltem Stadium I) zu einer akuten Lyme-Krankheit (Borreliose Stadium II) kommen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Borrelien-Titer erhöht (eine seronegative Borreliose gibt es nicht; je höher der Titer, desto aussagekräftiger, niedrige Titer sprechen eher für einen alten Durchseuchungstiter). Symptome dieses Stadiums können sein: ein entzündetes Gelenk (klassisch das Kniegelenk) (5 %), Rhythmusstörungen des Herzens (1 %), neurologische Symptome (wie Gesichtslähmung, Heiserkeit, Schluckstörung, Schulterhebeschwäche u.a.) (3 %).

Das Stadium III wird vom Stadium II relativ willkürlich durch eine Krankheitsdauer von über 6 Monaten nach Zeckenstich abgegrenzt. Typische Erscheinungen sind eine dünne pergamentpapierähnliche Haut mit starker Venenzeichnung (Acrodermatitis chronica atrophicans) (1 %). Außerdem kommt es zu Hirnhautentzündungen oder Gelenkentzündungen (dominierend Knie- und Ellenbogengelenk).

Die Diagnosenstellung der Erkrankung im Stadium II und III erfolgt durch klinische Kriterien (Befragung, Befund) und die Interpretation von serologischen Befunden (also Antikörperbefunde). Eine PCR-Diagnostik (also Borrelien-Erbinformationsnachweis) aus Synovialispunktat (Gelenkinnenhaut) oder Gewebe bringt angesichts der niedrigen Sensitivität keine Sicherheit.

Eine Neuroborreliose (also eine Hirnbeteiligung) geht einher mit einem typischen Liquorbefund (Hirnwasser).

Oft wird nach dem Lymphocytentransformationstest gefragt. Hier gibt es eine große Anzahl falsch positiver Befunde und er ist daher aktuell nicht für diagnostische Zwecke geeignet.

Die Borreliose hat eine gute Prognose. Die meisten Symptome sind selbstlimitierend (d.h. sie hören auch ohne Therapie wieder auf). Eine Antibiotikagabe verkürzt den Verlauf und verhindert Komplikationen und chronische Verläufe. Die langfristigen Resultate der Antibiotikatherapie sind sehr gut. Eine Resistenzentwicklung des Erregers konnte bisher noch nicht nachgewiesen werden.

Nach regelrechter Antibiotikatherapie können die Beschwerden noch Wochen bestehen bleiben. Folgende Zahlen sind belegt: Eine Neuroborreliose Stadium II ist zu 90 % nach 3 Monaten ausgeheilt, nach 12 Monaten zu 95 %.

Das Antibiotikum richtet sich nach dem Stadium. Im Stadium I kommt wie schon erwähnt Doxycyclin für Erwachsene oder Amoxicillin für Kinder (in Tablettenform) zum Einsatz. Im Stadium II muss eine Antibiotikum-Infusion erfolgen (z.B. Ceftriaxon 1 x 2 g am Tag über 2 – 3 Wochen).

Explizit hervorheben möchte ich nochmals die Tatsache, dass serologische Verlaufskontrollen (also Verläufe von Blutwerten) nicht geeignet sind, den Therapieverlauf zu beurteilen.

Eine Borreliose hinterlässt keine bleibende Immunität, d.h. man kann mehrfach erkranken.

Viele Menschen haben Angst, dass unspezifische Beschwerden (z.B. Gelenkschmerzen und Müdigkeit) bei positiver Borrelienserologie Ausdruck einer chronischen Borreliose sind. Hier ist sehr genau zu überprüfen, ob die Beschwerden nicht doch Ausdruck einer anderen Erkrankung sind. Möglicherweise entscheidet man sich aber doch für eine so genannte probatorische Antibiotikagabe. Bessern sich die Symptome aber nicht, ist dies ein Hinweis, dass es sich nicht um eine Borreliose gehandelt hat.

[Quellen: Deutsches Ärzteblatt 2009, 106:72-81; Ärztezeitung 14.07.2009, Prof. Dr. Fiehn, Rheumazentrum Baden-Baden).